Eine Seefahrt die ist (nicht) lustig… Teil 3
Wie ich bereits in Teil 1 und Teil 2 dieser kleinen Serie über die beschwerliche Reise der Auswanderer berichtet habe, möchte ich nun mit wesentlich dramatischeren Geschichten über die Auswanderung weitermachen.
Aufgrund des heutigen hohen Verkehrsaufkommens auf See, GPS und modernen Rettungssysthemen kann heute im Falle eines Schiffsunglücks meist schnell geholfen werden. Aber die Möglichkeiten und Chancen hatten die Auswanderer leider nicht. So um 1850 herum verunglückten allein vor den Nordseeinseln jährlich um die 50 Schiffe. Es waren natürlich nicht alles Auswanderschiffe, sondern auch Frachtsegler und Fischerboote. Aber erst nach dem Untergang des Auswandererschiffes „Johanna“ 1854 vor der Insel Spiekeroog, welcher 84 Tote zur Folge hatte, gab den entscheidenden Anstoß zur Gründung von Rettungsvereinen für Schiffbrüchige. In Hamburg, Emden und Bremerhaven wurden Rettungsvereine gegründet, auf den Inseln Juist und Langeoog Rettungsstationen. Erst 1865 wurden dann in Kiel unter dem Dach der Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zusammengefasst.
Zum Teil lag es an den Wetterbedingungen oder an den schlechten Navigationsfähigkeiten der Kapitäne. So kam 1866 die „Deutschland“ nur 2 Tage nach dem Auslaufen in Bremerhaven am 6. Dezember aufgrund eines Navigationsfehlers während eines Sturms erheblich vom Kurs ab und lief auf eine Sandbank in der Themsemündung. Und obwohl diese Sandbank nur etwa 40 Kilometer vom Hafen Harwich entfernt war, dauerte es doch 31 Stunden bis die überlebenden Passagiere gerettet wurden. Von den insgesamt an Bord befundenen 234 Personen starben 57 Tote. Die überlebenden Passagiere sollten nun mit dem Schiff „Mosel“, welches aus Bremerhaven losgeschickt werden sollte, den Rest der Reise in die USA antreten. Doch ein Versicherungsbetrüger wollte mittels einer Bombe das Schiff auf dem Atlantik in die Luft sprengen und dann für seine an Bord befindlichen Güter eine fette Versicherungsprämie kassieren. Doch Glück im Unglück, das Schiff explodierte bereits in Bremerhaven und die Überlebenden der „Deutschland“ konnten also innerhalb kürzester Zeit zweimal dem Tode von der Schippe springen.
Aber nicht nur Sturm und Wellengang haben Schiffsuntergänge verursacht, es gab auch Fälle von absoluter Dummheit der Kapitäne: 1865 brannte die „William Nelson“, welches sich auf der Fahrt von Antwerpen nach New York befand, ab. Der Kapitän war auf die schlaue Idee gekommen, dass Schiff während der Fahrt zu desinfektionieren. Eigentlich ja ein guter Gedanke, aber wer kommt auf die Idee, Pech in den unteren Frachtraum schaffen zu lassen und rotglühendes Eisen hineinzuwerfen? Logischer Schluss, dass sich das Pech entzündete und das Schiff abbrannte. 400 Passagiere ertranken, die Überlebenden hatten zum Teil schwerste Verbrennungen.
Ein weiteres Beispiel ist auch das so genannte „Goldschiff“, die „Cimbria“, die im Januar 1883 vor Borkum sank. Dazu in Kürze aber mehr in einem separaten Beitrag.
Bei den geschilderten Fällen handelt es sich zum Glück um Einzelfälle und die Mehrheit der Auswandererschiffe erreichte mehr oder weniger heil die angestrebten Häfen, aber es zeigt doch deutlich, das mit dem Verlassen des deutschen Heimatbodens noch nicht alles Gold war, was glänzte.
PS: Der Kapitän der anfangs erwähnten „Johanna“, er hieß übrigens Brickenstein, wurde nach dem Untergang in England vor Gericht gestellt. Da die „Johanna“ in internationalen Gewässern gestrandet war, führte es zu Streitigkeiten zwischen England und Deutschland über die Zuständigkeit. Letztendlich führte dieser Streit zur Gründung der Deutschen Seeämter. Am 27. Juli 1877 wurde das „Gesetz, betreffend die Untersuchung von Seeunfällen“ erlassen. Kapitän Brickstein erhielt in der Verhandlung einen Freispruch „zweiter Klasse“, da er Katastrophe durch seinen Navigationsfehler mit verursacht hatte. Er ist danach angeblich nie wieder zur See gefahren.
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