2. Beitrag: Was es mit dem Namen Andrack und dem Andreas auf sich hat.
Ahnenforschung bedeutet nicht nur, alte Urkunden in Archiven aufzustöbern. Auch die Namensforschung versprach spannende Aufschlüsse über meine Herkunft. Ich machte mich durch Professor Udolphs Buch der Namen schlau.
Als ich begriffen hatte, dass es nur vier unterschiedliche Gruppen von Nachnamen gibt, war die Zuordnung meines Namens einfach. Andrack ist kein Beruf und kein Überwort, das einen Menschen beschreiben könnte. Andrack ist weder ein Herkunftsname noch ein Wohnstättenname. Man fragt einfach nicht: »Wohnten sie am Andrack?« Nein, Andrack ist eindeutig ein Nachname, der auf einen Vornamen zurückzuführen ist. Und zwar auf Andreas.
Der Namensforscher Udolph half mir weiter. Zunächst fühlte ich mich von ihm ertappt. Millionen deutsche Hobbynamensforscher dächten, so Udolph, sie stammten von Hugenotten ab, was natürlich in den meisten Fällen Quatsch sei. Ich war ein bisschen beleidigt, als ich das las. Udolph spricht in seinem Buch von grassierendem »Hugenottenverdacht«. »Hugenottenverdacht« – das wurde mit einer spürbaren Portion Verachtung geschrieben.
Den entscheidenden Hinweis, ob mein Name nun eher dem Westen oder dem Osten zuzurechnen ist, gab Professor Udolph persönlich. Allerdings über Bande. Über dunkle Kanäle erreichte mich 2003 eine Audiokassette mit einer Hörfunksendung von Radio 1 aus Brandenburg. Dort leistet sich Jürgen Udolph den Denksport, Anrufern aus Berlin und Brandenburg ihren Nachnamen zu erklären. Für die Recherche hat er nur zwei Musikstücke Zeit. Der Anrufer hieß Jandrik und dachte, sein Name komme aus Holland, wegen JAN und so. Diagnose: akuter Polder- und Tulpenverdacht. Aber Udolph klärte ihn auf, sein Name gehe auf den Vornamen Andreas zurück und es gebe viele vergleichbare Nachnamen: Handrack, Antrak und eben auch den Nachnamen eines Mitarbeiters von Harald Schmidt aus Köln. Der Name komme aus dem Sorbischen und sei daher in Brandenburg sehr verbreitet.
Also, ach, weh mir, adieu Chance auf ein Schlösschen an der Loire oder wenigstens eine Villa am Mittelmeer. Es führt kein Weg daran vorbei: Ich bin ein Sorbe.
Nun, da feststand, dass mein Name die sorbische Variante des Taufnamens Andreas ist, wollte ich mehr über meinen Namens-patron wissen. Was war dieser Andreas für ein Typ gewesen, wie tickte der genau? Andreas wuchs mit seinem Bruder Simon Petrus als Fischer am See Genezareth auf. Dort trafen sie auf einen rührigen Prediger namens Joshua, den die einen bis zum heutigen Tage unter dem Namen Jesus für den Messias halten, und alle anderen nicht. Aber das ist ein tief theologischer Disput, der zu weit führen würde. Dieser Jesus machte auf jeden Fall die beiden Brüder zu Aposteln, man kann sogar sagen, zu seinen Lieblingsaposteln, denn sie waren bei vielen seiner Abenteuer mit von der Partie, bei denen nicht alle zwölf anwesend sein durften.
Nach Jesu Tod war Andreas in Kleinasien und dem heutigen Bulgarien aktiv. Aufgrund dieser missionarischen Tätigkeit hat Andreas für die orthodoxe Kirche den gleichen Stellenwert wie sein Bruder Petrus für die katholische Kirche. Die beiden Brüder haben sich also (vergleichbar den ALDI-Brüdern) die ganze Welt untereinander aufgeteilt. So sieht sich der Erzbischof von Byzanz = Konstantinopel = Istanbul als Nachfolger von Andreas, genauso wie der Papst sich auf Petrus beruft. Es gibt allerdings in Konstantinopel keinen überdimensionierten Andreasdom, Andreas ist in der orthodoxen Kirche nicht wie Petrus für das Wetter zuständig und auch nicht als Pförtner am Eingang zum Himmel.
Andreas wurde wie Jesus gekreuzigt, doch nahm man dafür zwei gleich lange, sich diagonal kreuzende Bretter.
Während das Jesuskreuz in Kirchen, Amtsstuben und Schulen hängt und bei Madonna am Hals baumelt, steht das Andreaskreuz an unbeschrankten Bahnübergängen.
Ihr
Manuel Andrack
Nächsten Donnerstag geht es weiter mit dem 3. Beitrag: Wie es kommt, dass meine Großneffen vierten Grades im Osten 25 Jahre älter als ich sind.
15 Februar 2009 um 16:40
Wie oft gibt es denn den Namen Andrack eigentlich in Deutschland? Er erscheint mir sehr selten zu sein…
23 Februar 2009 um 20:41
Ich habe das Buch von Manuel Andrack gelesen und weiß daher, dass der Name sehr selten ist, im Vergleich zu den Müllers, Meiers etc.
Bei z.B. verwandt.de sind es ca. 30 Einträge.
22 März 2019 um 00:48
Gibt es
Einträge oder Nachweise von Hugenotten mit dem ursprünglichen Nachnamen Massias in Deutschland?